Celler Landwirte werben für Verständnis: Ohne Pflanzenschutz keine Qualität

Was ist denn da passiert? Auf einer etwa neun Quadratmeter großen Parzelle auf einem Rübenfeld in Nindorf sind die Pflanzen von Unkraut überwuchert. „An dieser Stelle des Feldes wurde kein Pflanzenschutz gespritzt“, erklärt Landwirt Steffen Timme aus Widdernhausen. „Mit der modernen Technik kann man so präzise spritzen, dass der Pflanzenschutz nur da landet, wo wir ihn hinhaben wollen.“ Der 23-Jährige, der in Osnabrück Landwirtschaft studiert, beteiligt sich an der Initiative „Die Pflanzenschützer“, die 2014 ins Leben gerufen wurde. Die Landwirte wollen damit zu einer sachlich fundierten Debatte über modernen Pflanzenschutz beitragen.
NINDORF. Ende März hat Timme die Rüben gedrillt. „Etwa 14 Tage später habe ich dann Herbizide gegen Unkräuter gespritzt“, erzählt der Landwirt. Da Kamille und Disteln danach wieder kamen, wurde zwei weitere Male Pflanzenschutz gespritzt; auf dem ganzen 14,5 Hektar großen Feld – mit Ausnahme der neun Quadratmeter großen Parzelle.
„Man muss spritzen, sonst kann man die Qualität nicht erhalten“, betont Timme, der gemeinsam mit dem Becklinger Landwirt Jan-Hendrik Hohls für Verständnis in der Öffentlichkeit wirbt. „Wir machen das mit einem gutem Gewissen, die Mittel sind super erforscht und die Landwirte sind bestens ausgebildet.“ Hohls sagt es noch deutlicher: „Wir können uns nicht vor denen schützen, die Grabenkanten tot spritzen, aber diejenigen, die es vernünftig machen, betreiben wissenschaftlich erforschte Landwirtschaft.“ Er habe nichts gegen Bio, aber die Produkte reichten nicht aus, um die Weltbevölkerung zu ernähren. „Viele Landwirte werden aus Sicht eines satten Bauches angeklagt“, kritisiert Hohls.
Als Timme zwei Rüben aus dem Boden zieht – eine aus dem Feld und eine aus der nicht bespritzten Parzelle – ist er über das Ergebnis selbst überrascht. „Bei Zuckerrüben verliert man ohne Pflanzenschutz durchschnittlich einen Ertrag von 17 Prozent“, sagt Timme, „hier ist der Unterschied aber noch viel größer.“ Der Grund: Unkräuter rauben den Nutzpflanzen Nährstoffe, Wasser und Licht. Pilze und Schädlinge machen sie krank.
„Seit zweieinhalb Wochen erkennt man die Rüben gar nicht mehr“, sagt Timme. Neben Kamille und Disteln haben sich Knöterich, Melde und Hirse breit gemacht. „Die Photosynthese funktioniert so nicht mehr. Die Blätter bekommen kein Licht und die Rübe ist unterentwickelt.“ Darüber hinaus sei die Ertrag bei der Ernte durch das Unkraut noch einmal beeinträchtigt. „Beim Roden bekommt man sie nicht aus dem Boden“, erklärt der Landwirt.
Ende Oktober/Anfang November sollen die Zuckerrüben geerntet werden. „Wir düngen so viel, wie die Rüben bis zum Herbst brauchen“, sagt Timme. Unkräuter nehmen ebenfalls Dünger auf. „Unkraut ist kein Ernteprodukt, das abgefahren wird. Die Unkräuter verrotten nach der Ernte auf dem Feld, wodurch Nitrat im Boden entstehen kann. Bei starken Niederschlägen über Winter kann dies ausgewaschen werden“, warnt Hohls. Pflanzenschutz ist ein wichtiger Baustein im konventionellen Ackerbau. „Die vorangehenden Maßnahmen wie Bodenbearbeitung, Sorten- und Standortwahl werden durch chemischen Pflanzenschutz ergänzt“, sagt Timme.
![]() 21.04.2018
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"Unkraut raubt Nährstoffe von Zuckerrüben.
1 / 11)Die „Pflanzenschützer“ haben es wirklich schwer, denn kein Mensch geht mehr mit dem Hacker über den Acker. Aber in der biologischen Landwirtschaft gibt es Geräte, die den Wildkräutern als Konkurrenten der Nutzpflanzen mit mechanischen Mitteln das Leben erschweren.
Wildkräuter sind wichtig für Rebhühner, für Insekten, für Vögel, für all die Arten, die um 80 Prozent zurück gegangen sind.
2) Die Chemische Industrie verdient an den Bauern soviel, dass mal eben Bayer für viele Milliarden Monsanto übernehmen kann. Diese Produkte haben zwei Seiten. Die positive Seite wird in der CZ beschrieben; die negative verschwiegen. Das längst verbotene Maisbehandlungsmittel Atrazin ist immer noch im Grundwasser nachweisbar.
3) Wer ernährt sich im Landkreis Celle von Zuckerrüben? Wer die komplexen ökologischen Zusammenhänge verdeutlichen möchte, sollte die Versorgung mit regional angebautem Gemüse stärken. Dann können wir aus Amerika lernen, wo es eine Bewegung „Farm to school“ gibt.
So entwickelt sich wieder ein Bezug zu lokalen Farmern und Bauern. Über 1000 Schulen kaufen in 38 Bundesstaaten frische Produkte von regionalen Erzeugern. So werden importierte Nahrungsmittel durch solche aus heimischer Produktion ersetzt."